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10. Sonntag nach Trinitatis

Israelsonntag

13. August 2023

10. Sonntag nach Trinitatis        13.8.2023    5 Mo 4,5-20

Im Namen Gottes, des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes – Amen
Der HERR sei mit euch!

Wir feiern an diesem Tag den sogenannten „Israelsonntag“.
Der Israelsonntag erinnert und daran, dass Jesus Christus – der HERR unserer Kirche als Jude geboren wurde, als Jude geglaubt, gelebt, gelehrt und gefeiert hat und schließlich als Jude gestorben ist mit einem jüdischen Psalmwort auf den Lippen.
Jesus hat uns die Tür geöffnet, damit wir eintreten können in das Haus des Gottes, der mit Israel seinen Bund geschlossen hat.
So sind wir als Brüder und Schwestern – wir Christen und die Juden.
Das sollten wir nie vergessen.
Und daran sollten wir immer denken, so wie auch jetzt, wenn wir unser Eingangslied singen:
„Er weckt mich alle Morgen“.
Es wurde geschrieben von Jochen Klepper, einem Juden, der Christ geworden ist, aber dennoch von den Nazis für die Vernichtung vorgesehen war wegen des jüdischen Blutes in seinen Adern.
Jeder Morgen, an dem Gott uns weckt, ist ein Weckruf an uns liebevoll und rücksichtsvoll zu leben und uns schützend vor die zu stellen, die bedroht und bedrängt werden.
So sollen wir leben, glauben, feiern und singen – als wache und liebevolle Menschen, die jeden Tag neu von Gott geweckt werden.


5 Mose 4, 5 – 20

Mose sprach zu ganz Israel:
5 Sieh, ich habe euch gelehrt Gebote und Rechte, wie mir der HERR, mein Gott, geboten hat, dass ihr danach tun sollt im Lande, in das ihr kommen werdet, um es einzunehmen.
6 So haltet sie nun und tut sie!
Denn dadurch werdet ihr als weise und verständig gelten bei allen Völkern, dass, wenn sie alle diese Gebote hören, sie sagen müssen: >> Ei, was für weise und verständige Leute sind das, ein herrliches Volk!
7 Denn wo ist so ein herrliches Volk, dem ein Gott so nahe ist wie uns der HERR, unser Gott, sooft wir ihn anrufen?
8 Und wo ist so ein großes Volk, das so gerechte Ordnungen und Gebote hat wie dies ganze Gesetz, das ich euch heute vorlege? <<
9 Hüte dich nur und bewahre deine Seele gut, dass du nicht vergisst, was deine Augen gesehen haben, und dass es nicht aus deinem Herzen kommt dein ganzes Leben lang.
Und du sollst deinen Kindern und Kindeskindern kundtun
10 den Tag, da du vor dem HERRN, deinem Gott, standest an dem Berge Horeb, als der HERR zu mir sagte:
Versammle mir das Volk, dass sie meine Worte hören und so mich fürchten lernen alle Tage ihres Lebens auf Erden und ihre Kinder lehren.
11 Da tratet ihr herzu und standet unten an dem Berge;
der Berg aber stand in Flammen bis in den Himmel hinein, und da war Finsternis, Wolken und Dunkel.
12 Und der HERR redete mit euch mitten aus dem Feuer.
Seine Worte hörtet ihr, aber ihr saht keine Gestalt, nur eine Stimme war da.
13 Und er verkündigte euch seinen Bund, den er euch gebot zu halten, nämlich die Zehn Worte, und schrieb sie auf zwei steinerne Tafeln.
14 Und der HERR gebot mir zur selben Zeit, euch Gebote und Rechte zu lehren, dass ihr danach tun sollt in dem Lande, in das ihr zieht, es einzunehmen.
15 So hütet euch nun wohl – denn ihr habt keine Gestalt gesehen an dem Tage, da der HERR mit euch redete aus dem Feuer auf dem Berge Horeb –,
16 dass ihr euch nicht versündigt und euch irgendein Bildnis macht, das gleich sei einem Mann oder einer Frau,
17 einem Tier auf dem Land oder Vogel unter dem Himmel,
18 dem Gewürm auf der Erde oder einem Fisch im Wasser unter der Erde.
19 Hebe auch nicht deine Augen auf gen Himmel, dass du die Sonne sehest und den Mond und die Sterne, das ganze Heer des Himmels, und fallest ab und betest sie an und dienest ihnen.
Denn der HERR, dein Gott, hat sie zugewiesen allen anderen Völkern unter dem ganzen Himmel;
20 euch aber hat der HERR angenommen und aus dem glühenden Ofen, nämlich aus Ägypten, geführt, dass ihr das Volk sein sollt, das allein ihm gehört, wie ihr es jetzt seid.


Liebe Gemeinde,

Jesus von Nazareth – der HERR unserer christlichen Kirche.
Er wurde als Jude in einer jüdischen Familie geboren.
Er wurde wie jeder jüdische Bub am 8. Tag nach der Geburt beschnitten.
Er wuchs auf im jüdischen Glauben, lernte die Gebote, studierte die hebräische Bibel – unser Altes Testament.
Als er mit seinen Jüngern durchs Land zog lehrte Jesus in den Synagogen.
Mit seiner Art jüdisch zu leben und jüdisch zu glauben, ist Jesus angeeckt bei denen, die sich für besonders fromm hielten und bei denen, die meinten, dass allein sie die Gebote und den Glauben richtig verstehen.
Jesus – der Jude – der HERR unserer Kirche – er musste einen ständigen Verteidigungskampf führen gegen die Pharisäer und Schriftgelehrten – gegen die also, die sich als die Wächter des wahren Glaubens verstanden.
Wie wir alle wissen, haben sich die Auseinandersetzungen zu einer unversöhnlichen Feindschaft ausgewachsen.
Und schließlich kam Jesus unter die Räder derjenigen, die für den sogenannten „wahren Glauben“ über Leichen gehen.
Trotz all der Streitigkeiten und Auseinandersetzungen…
Jesus verstand sich immer als Jude, auch noch auf seinem Leidensweg.
Und seine letzten Worte am Kreuz stammen aus einem jüdischen Klagepsalm:
„Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen!“
Im Kern ging es bei all den Streitigkeiten zwischen Jesus und den Pharisäern darum, wie man die Gebote Gottes und die daraus abgeleiteten Gesetze des Glaubens zu verstehen hat.
Die Pharisäer deuteten die Gebote als abstraktes Recht, das es gilt buchstabengetreu durchzusetzen.
Und wer ihrer Meinung nach gegen ihr Verständnis von Recht verstieß, der wurde von ihnen bestraft.
Recht ist dazu da, Grenzen zu setzen – so meinten die Pharisäer.
Und wer diese Grenzen überschreitet, der muss dann eben die Härte des Gesetzes spüren.
Denken nicht auch wir so?
Gesetze, die gelten doch für alle gleich, ob arm oder reich, ob stark oder schwach.
Das ist doch das Wunderbare an den Gesetzen – dass sie jeden in die Pflicht nehmen – ohne Ansehen der Person.
Wir dürfen froh sein, dass wir in einem Rechtsstaat leben, in einer Ordnung also, in der Gesetze für Recht und Ordnung sorgen.
Das Recht schützt die Schwachen vor Übergriffen der Starken.
Und das Recht setzt den Mächtigen Grenzen.
Darauf war und ist Israel stolz bis zum heutigen Tag.
Wo Recht, Gerechtigkeit und eine von Gesetzen bestimmte Ordnung herrscht, da lässt es sich gut leben, arbeiten, planen, aber auch feiern und genießen.
In Israel – dem Volk Gottes – da kann auch der König nicht schalten und walten wie er will.
Auch der König muss sein Tun vor dem Gesetz Gottes rechtfertigen und sich eben von diesem Gesetz Gottes Grenzen setzen lassen.
Selbstbewusst demonstrieren Hunderttausende von Juden jede Woche dagegen, dass ihre jetzige Regierung die Gerichte entmachten will.
Was Recht ist, das wollen die Regierenden bestimmen und sie wollen sich von unabhängigen Gerichten keine Grenzen mehr setzen lassen.
So jedenfalls ist es der Plan der aktuellen Regierung in Israel – einer Regierung, die sich für besonders religiös hält.

Und eben gegen solche Menschen, die sich für besonders religiös halten und meinen sie müssten anderen ihr Verständnis von Leben, Glauben und Recht überstülpen, hat auch Jesus aufbegehrt.

Ja, die Gebote sind dazu da, Ordnung in das Zusammenleben von Menschen zu bringen.
Doch die Gebote sollen den Menschen einen Freiraum verschaffen, damit sie sich in diesem Freiraum entfalten und ausleben können.
„Ei, was sind das für weise und verständige Leute!
Wo ist ein Volk, das so gerechte Ordnungen und Gebote hat wie Israel!“
So spricht Mose zu seinem Volk und so versteht auch Jesus die Gebote und Gesetze des Glaubens
Menschen, die von außen auf das Volk Israel schauen, die sollen staunen darüber, was Menschen schaffen können, denen gerechte Gesetze und Ordnungen einen weiten Freiraum schaffen.

Jesus hat sich diesen Freiraum genommen und ihn entschieden verteidigt.
Er ist mit seinen Jüngern am Sabbat in der freien Natur spazieren gegangen, obwohl die Vorschriften der Pharisäer das verboten haben.
Er hat am Sabbat Kornähren ausgerauft, wenn ihm ein Hungergefühl überkam, obwohl die Pharisäer das als verbotene Arbeit am Ruhetag verstanden.
Und er hat Menschen am Sabbat geheilt, obwohl das in den Augen der Pharisäer nicht zulässig war.
„Das Gesetz und die Gebote sind für die Menschen da, und nicht der Mensch für die Gesetze und Gebote.“
So hat Jesus sein Verständnis der Gebote und des Glaubens zusammengefasst.
Ja, wo Menschen sich in Freiheit entfalten und entwickeln können ohne anderen zu schaden, da lässt es sich gut leben.
Da schauen Unterdrückte und Eingeengte staunend von außen auf all das, was diese in Freiheit lebenden Menschen schaffen und zustande bringen.

So hat Jesus, der Jude und der HERR unserer Kirche, den Glauben Israels gelebt und verstanden.
In der Mitte unserer Mangersreuther Kirche steht der Name des Gottes, den der Jude Jesus seinen Vater im Himmel nennt.
Der Gottesname Jahwe erinnert uns in jedem Gottesdienst daran, woher wir kommen und wohin wir gehen sollen.
Wir Christen sind nichts anderes als Jünger des Juden Jesus, der vom Anfang bis zum Ende als Jude gelebt hat und sich als Jude verstanden hat.

Da ist es wirklich ein großer Jammer und eine schwere Schuld, die wir auf uns geladen haben, dass wir als Christen uns so scharf, so rechthaberisch und so überheblich von den Juden abgegrenzt haben.
Gottes Gebote schaffen Freiheit und Freiraum für Juden, für Christen, für Moslems und auch für Menschen, denen der Glaube egal ist.
Wo Menschen sich frei entfalten können, dabei aber auch die Grenzen ihrer Mitmenschen achten, da entsteht ein Lebensraum, von dem Außenstehende sagen:
„Wo ist ein so großes Volk das so gerechte Ordnungen und Gebote hat?“
Für den Menschen sind sie da – die Gebote.
Und Jahwe – der Gott Israels und der Vater unseres HERRN Jesus Christus – er liebt alle Menschen, die in Liebe ihr Leben auf der gemeinsamen Erde miteinander teilen als Juden, als Christen, als Moslems und als Menschen, denen der Glaube egal ist.
Jahwe – dieser Name bedeutet: „Ich bin da.“
Ja, Gott ist da und Gott ist mitten unter den Menschen, die so leben, glauben und arbeiten, dass jeder Mitmensch seinen Platz findet und sich so entfalten kann, wie es zu ihm passt.
Jesus hat uns die Tür geöffnet, dass auch wir Christen mit eintreten können in das Volk, mit dem Jahwe seinen Bund geschlossen hat.
Darum sind wir Schwestern und Brüder – wir Juden und wir Christen.
Achten wir also darauf, dass wir gut zusammenleben unter dem einen Dach des einen Gottes, der uns Gebote gibt, die für den Menschen da sind.
Weil Gottes Gebote für den Menschen da sind, darum ist Gott überall da, wo Menschen füreinander da sind, miteinander feiern, miteinander arbeiten, sich gegenseitig schützen und liebevoll aufeinander Acht geben.
Mehr braucht es nicht.
Denn das ist Aufgabe genug – für jeden Tag des Lebens.    Amen

Es grüßt Sie, Pfarrer Jürgen Rix


9. Sonntag nach Trinitatis

6. August 2023

1.Kön 3,5-15

 

5 Der HERR erschien Salomo zu Gibeon im Traum des Nachts und Gott sprach:

 

Bitte, was ich dir geben soll!

 

6 Salomo sprach:

 

Du hast an meinem Vater David, deinem Knecht, große Barmherzigkeit getan, wie er denn vor dir gewandelt ist in Wahrheit und Gerechtigkeit und mit aufrichtigem Herzen vor dir, und hast ihm auch die große Barmherzigkeit erwiesen und ihm einen Sohn gegeben, der auf seinem Thron sitzen sollte, wie es denn jetzt ist.

 

7 Nun, HERR, mein Gott, du hast deinen Knecht zum König gemacht an meines Vaters David statt.

 

Ich aber bin noch jung, weiß weder aus noch ein.

 

8 Und dein Knecht steht mitten in deinem Volk, das du erwählt hast, einem Volk, so groß, dass es wegen seiner Menge niemand zählen noch berechnen kann.

 

9 So wollest du deinem Knecht ein gehorsames Herz geben, damit er dein Volk richten könne und verstehen, was gut und böse ist. Denn wer vermag dies dein mächtiges Volk zu richten?

 

10 Das gefiel dem Herrn gut, dass Salomo darum bat.

 

11 Und Gott sprach zu ihm:

 

Weil du darum bittest und bittest weder um langes Leben noch um Reichtum noch um deiner Feinde Tod, sondern um Verstand, zu hören und recht zu richten,

 

12 siehe, so tue ich nach deinen Worten.

 

Siehe, ich gebe dir ein weises und verständiges Herz, sodass deinesgleichen vor dir nicht gewesen ist und nach dir nicht aufkommen wird.

 

13 Und dazu gebe ich dir, worum du nicht gebeten hast, nämlich Reichtum und Ehre, sodass deinesgleichen keiner unter den Königen ist zu deinen Zeiten.

 

14 Und wenn du in meinen Wegen wandeln wirst, dass du hältst meine Satzungen und Gebote, wie dein Vater David gewandelt ist, so werde ich dir ein langes Leben geben.

 

15 Und als Salomo erwachte, siehe, da war es ein Traum. Und er kam nach Jerusalem und trat vor die Lade des Bundes des Herrn und opferte Brandopfer und Dankopfer und machte ein großes Festmahl für alle seine Großen.

 

 

 

 

 

Liebe Gemeinde,

 

 

 

Wie wichtig ist doch das Träumen!

 

Wie eintönig wäre unser Leben, wenn wir nicht jede Nacht wieder in die Zauberwelt des Träumens schlüpfen dürften!

 

Träume sind eben nicht nur Einbildung oder eine Flucht in ein Wunschdenken.

 

Träume wecken unsere Phantasie.

 

Und viele Ideen, mit denen Neues in der Welt von Menschen geschaffen wurde, sind in der Nacht beim Träumen entstanden.

 

Träume können aber auch ein Sendekanal sein, auf dem Gott zu uns spricht.

 

 

 

Die biblische Erzählung vom König Salomo nimmt uns mit hinein in eine Begegnung Gottes mit einem Menschen im Traum.

 

Gott redet da im Traum mit einem jungen Menschen, der vor einem wichtigen Schritt in seinem Leben steht.

 

Salomo soll König werden.

 

Er soll seinem Vater David auf dem Thron nachfolgen.

 

Er wird viel Macht haben, der junge König Salomo.

 

Und deswegen kommt Gott, um den jungen Mann zu prüfen:

 

„Bitte, was ich dir geben soll“!

 

Mit diesem Satz fordert Gott den jungen König auf, zu äußern, was er sich wünscht und erträumt.

 

Und die Antwort Salomos beeindruckt jeden Hörer und Leser bis heute.

 

An der Antwort Salomos können wir das rechte Bitten und das richtige Beten lernen.

 

 

 

Salomo legt nämlich nicht gleich los und wünscht sich dies und das.

 

Bevor er zu sich und seinen Wünschen kommt, blickt er erst einmal zurück auf seinem Vater, von dem er den Thron geerbt hat.

 

Salomo macht sich bewusst, woher er kommt und wem er zu verdanken hat, was aus ihm geworden ist.

 

Bevor er zu seinen eigenen Wünschen kommt, dankt er Gott für seinen Vater, …

 

… für das, was sein Vater geleistet hat…

 

… und für das, was er von seinem Vater hat lernen können.

 

 

 

Eltern zu haben, die einem das beibringen, was man zum Leben braucht, das wird oft als selbstverständlich angesehen.

 

In Salomo lernen wir einen jungen Menschen kennen, der das eben nicht als selbstverständlich hinnimmt, sondern der seinen Eltern für das dankt, was er von ihnen gelernt hat.

 

„Barmherzigkeit hast du unserer Familie geschenkt, weil unser Vater gerecht und mit aufrichtigem Herz gehandelt hat, obwohl es in unserer Familie oft viel bösen Streit und manche verletzende Auseinandersetzung gab.

 

Gut hast du es gemeint mit unserer Familie, weil nun ich das Werk des Vaters fortführen darf“.

 

 

 

So dankt Salomo also zunächst einmal Gott und seinen Eltern.

 

Er erweist sich damit als einer, der die Gebote Gottes nicht nur gelernt, sondern auch in sein Herz aufgenommen hat.

 

 

 

Erst nach seinem Dank an Gott und die Eltern kommt Salomo zu seinen eigenen Bitten.

 

Und auch diese Bitten überraschen.

 

Denn Salomo legt Gott keinen Wunschzettel vor für dieses und jenes Ding.

 

Er macht sich bewusst, dass er eine große Aufgabe von seinem Vater übernimmt.

 

Und darum bittet er Gott um das nötige Rüstzeug für sein Amt.

 

 

 

Er bittet nicht um Macht und Reichtum, sondern um ein „gehorsames Herz“.

 

Ein „gehorsames Herz…“

 

Bleiben wir ein wenig dabei!

 

Denn die Bitte um ein gehorsames Herz ist bei Alten und bei Jungen etwas ganz Besonderes!

 

Ein König, der befehlen soll, der bittet um ein gehorsames Herz.

 

Weise ist eine solche Bitte, weil sie etwas davon begriffen hat, dass man mit Macht keinen Menschen zu etwas zwingen kann.

 

Ein gehorsames Herz kann warten und muss nicht alles gleich haben.

 

Ein gehorsames Herz kann es ertragen, lange und beharrlich auf ein Ziel hinzuarbeiten, statt das Glück erzwingen zu wollen.

 

Ein gehorsames Herz hört von sich aus gerne auf Gott und muss nicht erst zum Gehorsam gezwungen werden.

 

Gehorsam vor Gott, das heißt ja nicht, dass einer nicht nachfragen und zweifeln darf.

 

Ge-horsam vor Gott, das bedeutet doch viel mehr, dass ich höre auf den Gott, der zu mir spricht.

 

Ge-horsam, das bedeutet, dass ich mich immer wieder rufen lasse zum Gottesdienst.

 

Denn wo sonst erfahre ich etwas von dem Gott, der es gut mit mir meint, wenn nicht in der Gemeinschaft der Menschen, die miteinander Gottesdienst feiern?

 

Ge-horsam vor Gott, das bedeutet ab auch, dass ich mir etwas sagen lasse von Menschen, denen Gott mehr Verstand geschenkt hat als mir.

 

 

 

Der junge König muss viele Entscheidungen treffen, deren Reichweite er gar nicht abschätzen kann.

 

Darum tut er gut daran, sich beraten zu lassen von älteren Menschen, die mehr Erfahrung haben als er.

 

Ein junger Mensch auf dem Weg in die Selbstständigkeit, der hat oft eine andere Meinung haben als seine Eltern.

 

Oft denken junge Menschen:

 

„Wie können meine Eltern nur so verbohrt sein“?

 

 

 

Wie oft habe ich mich als junger Mensch an meinen Eltern gerieben!

 

Wie oft habe ich ihren Rat in den Wind geschlagen!

 

Und später dann habe ich zugeben müssen:

 

„Sie haben leider wieder einmal Recht gehabt.“

 

 

 

Doch Gehorsam ist keine Einbahnstraße.

 

Denn nicht nur die Älteren haben immer Recht.

 

Gerade wir Erwachsene legen uns immer wieder Scheuklappen zu, die uns blind machen für sinnvolle neue Wege.

 

 

 

Ich habe es an meinen Eltern schätzen gelernt, dass sie nicht selten zu mir gesagt haben:

 

„Da hast du mich auf neue Ideen gebracht.

 

So habe ich das noch nie betrachtet.“

 

 

 

Ge-horsam sein, das heißt also nicht so sehr, dass einer anschafft und die anderen kuschen.

 

Ge-horsam sein, das heißt, aufeinander hören, miteinander im Gespräch bleiben, voneinander lernen und es miteinander aushalten, auch dann, wenn man sich über den anderen geärgert hat.

 

 

 

Gott gefällt diese Bitte des jungen Salomo.

 

Denn seine Bitte zeigt, dass er es gelernt hat, richtig zu beten.

 

Salomo betet eben nicht um naheliegende Dinge, wie ein langes Leben; Reichtum oder um Macht über seine Feinde.

 

Er bittet um Ge-horsam und Verstand.

 

Er wünscht sich, dass er hören kann auf Menschen, die ihm etwas raten.

 

Und er betet darum, dass er in den zahlreichen Herausforderungen des Lebens die richtigen Entscheidungen trifft.

 

 

 

Wären das nicht auch die besten Wünsche für einen jeden von uns?

 

Was wir als Menschen in einer Wohlstandsgesellschaft brauchen, das sind doch gar nicht so sehr Dinge zum Anfassen, zum Herzeigen oder gar Macht und Geld.

 

 

 

Was wir als Menschen in unserer Zeit der Übersättigung brauchen, das ist doch zu aller erst die Fähigkeit, dass wir die Menschen um uns herum als eine Aufgabe wahrnehmen, die Gott uns stellt.

 

Die eigentliche Not unserer Zeit besteht doch darin, dass viele Menschen nicht mehr miteinander reden, aufeinander Rücksicht nehmen und aufeinander hören.

 

Überall wird uns vorgelebt, dass wir uns „durchsetzen“ sollen ohne Rücksicht auf Verluste, „durchsetzen“ auch dann, wenn dabei die Familie und der Freundeskreis in die Brüche geht.

 

 

 

Weil Salomo darum bittet, dass Gott ihm Ge-horsam und Verstand schenkt, darum verspricht Gott ihm von sich aus das, was alle Menschen sich wünschen, nämlich Wohlstand, Ansehen bei den Mitmenschen und ein langes Leben.

 

 

 

>> „Mehr zu hören als zu reden, solches lehrt uns die Natur.

 

Sie versah uns mit zwei Ohren, doch mit einer Zunge nur.“ <<

 

 

 

Diese Worte eines Schweizer Dichters erinnern uns an den Wert des Hörens.

 

Zwei Ohren haben wir, aber nur eine Zunge…

 

Damit ist uns allen eine lebenslange Aufgabe gestellt.

 

Wieviel anders sähe unserer Welt doch aus, wenn wir doppelt so viel hören wie reden würden.

 

Wieviel anders sähe unsere Welt aus, wenn wir erst zweimal nachdenken würden, bevor wir ein Wort reden.

 

Wieviel anders sähe unsere Welt aus, wenn wir die Meinung eines anderen erst zweimal bedenken würden, bevor wir ihm die eigene Meinung sagen.

 

 

 

Ja, das wäre wirklich eine lebenslange Aufgabe, an der keiner von uns je auslernen wird:

 

 

 

>> „Mehr zu hören als zu reden, solches lehrt uns die Natur.

 

Sie versah uns mit zwei Ohren, doch mit einer Zunge nur.“ <<

 

 

 

Wer mehr hört als redet, der wird es im Leben zu viel bringen.

 

Vielleicht nicht unbedingt zu Macht und Reichtum.

 

Aber sicher bringt er es zu Weisheit und dazu, von anderen geachtet und geschätzt zu werden.

 

 

 

Amen

 

 

Es grüßt Sie, Ihr Pfarrer Jürgen Rix

 


6. Sonntag nach Trinitatis

Taufsonntag

16. Juli 2023


6. Sonntag nach Trinitatis  22.7.2007 

 

 

 

Jes 43,1-3 Gott erlöst sein Volk

 

 

 

1 So spricht der HERR, der dich geschaffen hat, Jakob, und dich gemacht hat, Israel:

 

Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst;

 

ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist mein!

 

2 Wenn du durch Wasser gehst, will ich bei dir sein, dass dich die Ströme nicht ersäufen sollen;

 

und wenn du ins Feuer gehst, sollst du nicht brennen, und die Flamme soll dich nicht versengen.

 

3 Denn ich bin der HERR, dein Gott, der Heilige Israels, dein Heiland.

 

 

 

 

 

Liebe Gemeinde,

 

 

 

 

 

So spricht der HERR:

 

„Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst.

 

Ich habe dich bei deinem Namen gerufen;

 

Du bist mein.“

 

Mit diesen Worten beginnt jedes Christenleben.

 

Denn diese Worte spricht der Pfarrer, wenn er ein Kind auf den Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes tauft und ihm dann die Hand zum Segen auflegt.

 

Ja, so dürfen wir leben – wir Kinder Gottes…

 

Ohne Furcht!

 

Darauf vertrauend, dass Gott mich mit meinem Namen ruft.

 

Denn in der Taufe nimmt er mich auf in die weltweite Schar seiner Kinder.

 

Nicht ein Sandkörnchen am Strand bin ich für diesen Gott, sondern gekannt, erkannt und geliebt, so wie ein Vater seine Kinder liebt.

 

Zu ihm gehören wir.

 

Und weil er uns schützt uns segnet dürfen wir uns viel zutrauen.

 

Weder Wasserströme können und ersäufen, noch Feuer uns verbrennen.

 

Denn Gott sorgt für uns.

 

 

 

Halt! …

 

Wird da jetzt mancher sagen:

 

Und die Menschen im Ahrtal?

 

Gerade einmal zwei Jahre ist es her, dass dieses beschauliche Flüsschen mit seinen Fluten Häuser weggerissen hat, die schon seit Jahrhunderten dort standen.

 

Und viele Menschen sind dabei ertrunken, ebenso wie es kein Entrinnen gibt, wenn man von den Feuermassen eingeschlossen wird, die momentan in Kanada lodern.

 

 

 

Vertrauen zu Gott, dem Retter und Erlöser.

 

Und gleichzeitig die Erfahrung, dass das größte Glück des Lebens von einer Sekunde zur anderen in eine elende Katastrophe führen kann, aus der es kein Entrinnen gibt.

 

 

 

Was gilt jetzt?

 

Gott behütet mich, weil er mich bei meinem Namen nennt.

 

Oder:

 

Ich bin doch nur ein Blatt im Wald, das der Wind dahin weht, wo er es will.

 

Ja, es gibt so viele Geschichten von Menschen, die ohne Angst ins Wasser springen und andere retten.

 

Es gibt so viele Geschichten von Feuerwehrleuten, die andere Menschen vor den Flammen und dem Ersticken retten.

 

 

 

Und dann aber auch die Geschichten, in denen es ein böses Ende nimmt mit den furchtlosen Rettern und mit denen, die gerettet werden sollen.

 

Wie passt das zusammen?

 

 

 

Eine kleine Hilfe dazu könnten diese beiden Zettel sein, die Rabbi Bunan jeden seiner Schüler abschreiben und beherzigen ließ.

 

 

 

Rabbi Bunan war ein jüdischer Gelehrter.

 

Er lebte vor 250 Jahren in Polen und war zu seiner Zeit berühmt über die Grenzen des Landes hinaus.

 

Rabbi Bunam sagte zu seinen Schülern:

 

„Jeder von euch muss zwei Taschen in der Kleidung haben, um je nach Bedarf in die eine oder andere greifen zu können:

 

In der einen Tasche liegt ein Zettel mit dem Wort:

 

„Um meinetwillen ist die Welt erschaffen worden“,

 

und in der anderen Tasche liegt ein Zettel mit dem Wort:

 

„Ich bin Erde und Asche.

 

 

 

Beide Sätze sind zur Hälfte wahr.

 

Wenn ich nur dem Zettel mit dem Wort: >> Ich bin Erde und Asche << glaube, werde ich hilflos und todtraurig.

 

Wenn ich nur dem mit dem Wort glaube: >> Um meinetwillen ist die Welt erschaffen <<, dann werde ich hochmütig und überheblich.

 

Nur zusammen, wenn in meinen beiden Taschen ein solcher Zettel liegt,

 

nur zusammen sind die Sätze wahr und eine kostbare Hilfe im Leben.

 

Mal ergreife den einen, mal den anderen Zettel!

 

 

 

Wirklich ein kluger Mann, dieser Rabbi Bunam!

 

Wie es wohl wäre, wenn Sie diese Zettel tatsächlich in die Taschen stecken?

 

Probieren Sie es doch einfach!

 

Schauen Sie den einen Zettel an:

 

„Ich bin Erde und Asche“ und prägen sich dieses Wort ein.

 

 

 

… Und nun den anderen anschauen:

 

„Um meinetwillen ist die Welt erschaffen worden“.

 

… Und jeweils ab damit in meine beiden Hosentaschen oder Jackentaschen.

 

Ein Zettel ist in der rechten, ein Zettel in der linken Tasche.

 

Wissen Sie noch, welcher Zettel in welcher Tasche liegt?

 

Wenn Sie in die Tasche langen, scheinen dir beide Zettel gleich zu sein.

 

Aber das Gefühl, das der eine und der andere in Ihnen weckt, ist so widersprüchlich wie Glück und Verzweiflung.

 

 

 

Der eine lobt dich in den Himmel.

 

Der andere lässt dich ins dunkle Grab blicken.

 

 

 

Eigentlich ist das kaum erträglich.

 

Menschen, die nur einem der Zettel folgen, werden kaum froh im Leben werden.

 

Aber Menschen, die immer wieder beiden der Sätze folgen, haben eine Chance dazu.

 

Das sagt jedenfalls Rabbi Bunam.

 

Wenn er an die zwei Taschen erinnert, dann möchte er, dass der Mensch seine Möglichkeiten wahrnimmt, sich aber auch seiner Grenzen bewusst ist.

 

 

 

Er möchte den Menschen schützen vor Ohnmachtsgefühlen und vor Größenwahn.

 

 

 

Der Rabbi möchte seinen Schülern bewusst machen:

 

Dir wird viel Schönes geschenkt und unverdient in den Schoß gelegt, damit du lebensfroh werden kannst.

 

Aber hüte dich davor, die leidvolle Wirklichkeit und deine eigenen Grenzen auszublenden.

 

Bunam sagt nicht:

 

Das mit den Zetteln wird dir immer gelingen.

 

Aber er sagt: Du kannst jeden Tag üben.

 

Alles, was du brauchst, sind zwei Taschen.

 

 

 

Und wenn du gerade etwas Schreckliches erlebst, das Dich so richtig nach unten zieht und Dir den Lebensmut raubt, dann erinnere Dich an den Zettel in der anderen Hosentasche…

 

Der mit dem Wort: „Um deinetwillen ist die Welt geschaffen worden.“

 

Ist es nicht so?

 

Klein und hilflos kamst Du auf die Welt.

 

Doch die Liebe der Eltern hat Dich mit Mut und Hoffnung gefüttert und schließlich stark gemacht.

 

Nach unendlichen Mühen hast Du das Laufen gelernt.

 

In unendlich vielen Übungsstunden hast Du gelernt zu lesen, zu rechnen und zu schreiben.

 

Wie schwer war aller Anfang im Beruf, nach jedem Ortswechsel oder auch nach einer Umschulung.

 

Aber auch da haben Dich Menschen an die Hand genommen, Dich ermutigt und Dir spüren lassen:

 

>> Wir brauchen jetzt Dich – hier – an dieser Stelle <<.

 

 

 

Ja, auch das ist wahr:

 

Irgendwann einmal kommt für jeden die Zeit, in der er wieder zu Erde und Asche wird.

 

Doch vorher liegt ein langes Leben mit so vielen guten Gelegenheiten und mit so vielen Momenten des Glücks, die einfach nur wunderbar sind.

 

 

 

Ja, wegen jedem von uns ist die Welt erschaffen worden.

 

Denn jeder von uns kann unendlich viel Wertvolles, Liebevolles und Nachhaltiges schaffen mit Gedanken, Worten und der Kraft seiner Hände.

 

Darum können und dürfen wir leben ohne Furcht.

 

Denn Gott geht mit uns auf dem je eigenen Weg durch das Leben.

 

Mit jedem geht er diesen Weg anders.

 

Für den einen ist er lang und für den anderen kurz.

 

Aber wie dem auch sei…

 

Gott geht mit uns, heute, morgen und in Ewigkeit.

 

Darum fürchte Dich nicht!

 

 

 

Amen

 

 

Es grüßt Sie Ihr Pfarrer Jürgen Rix

 

 

 

 

 


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